Donnerstag, 18. April 2024

Das bisschen Haushalt

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Ein Leser stellt die Frage, wieso es „das bisschen Hoffnung“ und „das bisschen Haushalt“ heiße, obwohl die Hoffnung doch weiblich sei und der Haushalt männlich. Der Zwiebelfisch gibt ein bisschen Auskunft.

Frage eines Lesers aus Weinsheim (Eifel):

Sehr geehrter Herr Sick! Seit ein paar Wochen schwindet das bisschen Hoffnung, ich käme noch von selbst darauf, wieso es „das bisschen Hoffnung“ heißt, obwohl „die Hoffnung“ doch nun wirklich sehr feminin ist – jedenfalls in grammatischer Hinsicht.

Da ich weiß, dass Sie ein großer Anhänger der deutschen Schlagermusik sind, kann man die Frage auch gerne auf den Haushalt beziehen. Wieso sang Johanna von Koczian, ihr Mann sei der Meinung, dass sich „das bisschen Haushalt“ von allein mache? Der Haushalt ist doch maskulin. Konsequenterweise hätte Frau von Koczian singen müssen: „Der bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann“.

Herr Sick, das letzte bisschen Hoffnung schwindet, ich komme einfach nicht weiter. Ich bin so durch den Wind, dass ich meiner Frau nicht einmal mehr im Haushalt helfen kann. Ich bitte um Aufklärung!

Antwort des Zwiebelfischs:

Sehr geehrter Hoffnungsträger und Haushaltshelfer! Wie schön, dass Sie sich noch des Liedes von Johanna von Koczian erinnern! Das war in meiner Jugend ein großer Hit. Ich war damals zwölf und hatte für Haushaltsfragen nur wenig Verständnis. Die Hitparade habe ich mir trotzdem immer gern angesehen, vom bisschen Haushalt bis zum bisschen Frieden.

Dass es „das bisschen Hoffnung“ und „das bisschen Haushalt“ heißt, liegt am Wort „bisschen“. Dieses ist ein Diminutivum, ein Verkleinerungswort: der kleine Biss (oder Bissen) wird zum „Bisschen“. Eigentlich müsste „bisschen“ daher großgeschrieben werden. Und das wird es auch noch, wenn wirklich „ein kleiner Bissen“ gemeint ist:

Bisschen für Bisschen verspeiste das Blatt 

die kleine Raupe Nimmersatt.

Meistens aber gebraucht man „bisschen“ als Mengenwort*, in der Bedeutung von „etwas“ oder „wenig“. Da es in dieser Funktion als Hauptwort „verblasst“ ist, wie die Sprachwissenschaft es auszudrücken pflegt, wird es kleingeschrieben, und das war auch schon zu Zeiten der alten Rechtschreibung so.

In dem Lied „Das bisschen Haushalt“ fungiert „bisschen“ also als ein Mengenwort und wird folglich kleingeschrieben. Ein Rest seines ursprünglichen Hauptwortcharakters ist ihm allerdings noch geblieben; dieser offenbart sich in dem neutralen Artikel „das“. Insofern ist „bisschen“ auch als Mengenwort immer noch „ein bisschen Hauptwort“. Da kann der Haushalt noch so männlich sein, die Hoffnung noch so weiblich: Wenn „bisschen“ davor steht, dann regieren nicht der Haushalt oder die Hoffnung den Artikel, sondern das sächliche „bisschen“.

Anders bei „wenig“; da heißt es nicht „das wenige Haushalt“ oder „das wenige Hoffnung“, sondern „der wenige Haushalt“ oder „die wenige Hoffnung“. Was daran liegt, dass „wenig“ ein reines Mengenwort ist, welches – im Unterschied zum kleinen Bissen – nie ein Hauptwort war und deshalb auch kein Geschlecht vorgeben kann.

Trotzdem lässt sich auch das Mengenwort „wenig“ substantivieren, das heißt zum Hauptwort machen: Es gibt „das Wenige“ genauso wie „das Viele“. (Beispiel: „Das Wenige, was es im Haushalt zu tun gibt, macht sich praktisch von allein.“) Nach alter Rechtschreibung wurden „das wenige“ und „das viele“ noch ausnahmslos kleingeschrieben. Inzwischen ist hier aber auch die Großschreibung zulässig, da es sich eben um Hauptwörter handelt. Und die Rechtschreibreform wollte ja für eine Vereinheitlichung sorgen, wozu gehört, dass Hauptwörter konsequent großgeschrieben werden.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dem bisschen Geschreibe ein bisschen weiterhelfen, und genehmige mir nun ein herzhaftes Bisschen in mein Pausenbrot!

Johanna von Koczian: Das bisschen Haushalt (1977)


*Zur Gruppe der Mengenwörter (lat. Quantoren) gehören unter anderem:

alles, allerhand, allerlei, (ein) bisschen, einiges, etliches, etwas, kein, manch, mancherlei, mehr, mehrere, (das) meiste, nichts, verschiedenerlei, viel, vielerlei, wenig.

(c) Bastian Sick 2012

 


Diese Kolumne ist auch in Bastian Sicks Buch „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod, Folge 5“ erschienen.

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